„Gläserne Decken“ von Freya Dieckmann



Früher dachte ich, ich kann die Welt erobern.
Mir Flügel wachsen lassen und fliegen- weit oben im endlosen, blauen Himmel.
angetrieben von nichts als mir selbst- von meinem Willen.
Früher dachte ich es könne mich niemand aufhalten,
jetzt stoße ich mir den Kopf an gläsernen Decken.
An unsichtbaren Kistendeckeln,
energisch verschlossen von Händen, die sich das Recht nehmen, meinen Himmel zu verschließen.
Die mich dort hineindrängten und dort verzweifeln ließen,
mir die Freiheit nahmen, die die Menschen so sehr lieben.
Sie ließen unsre Himmel verschließen, um uns alsbald unsere Flügel zu nehmen.
Doch wir, wir sind nicht gemacht, um in der Enge zu leben,
wir wollen aus der Dunkelheit hinaus in den blauen Himmel streben,
uns mit kräftigen Flügeln nach oben erheben,
und all unsere Träume und Wünsche mit neuer Hoffnung beleben.

Wir wollen Großes erreichen, diese Welt mit Gedanken bereichern, anderen, nach uns die Zukunft erleichtern und auch sie für ihre Ziele begeistern.

Gläserne Decken.
Erbaut von Fremden, Architekten einer längst vergangenen Zeit, erbaut von fanatischen Unterdrückern auf Kosten anderer und unendlichem Leid.
Wer dachte nicht, wir wären bald so weit-
Weg von den Kisten und dem Wegsperren von Menschen im Kleid.


Gläserne Decken.
Sie sollen nicht da sein, oder zumindest nicht sichtbar, und dennoch sind sie für uns Frauen spürbar, für sie unverzichtbar.
Denn sie scheinen Angst vor uns zu haben,
sie wollen es nicht wagen,
uns auf Augenhöhe zu betrachten,
uns einfach unsre Freiheit zuzugestehen, ein reines Menschenrecht, nachdem wir trachten,
Sie scheinen Angst zu haben,
vor dem, was wir sagen,
vor dem, was wir erreichen könnten,
wenn sie es uns vergönnten.

Frau-Sein.
das fühlt sich manchmal an, wie in eine Kiste eingesperrt zu werden.
Wie in eine dunkle Enge ohne Licht und ohne Luft zum Atmen getrieben,
von ihnen, die permanent versuchen, uns zurechtzubiegen.
Wie in Räumen mit tiefen gläsernen Decken zu liegen,
sich die Knie kauernd an die Brust zu ziehen –
und leise Widerstand zu schwören.
Frau-Sein.
fühlt sich manchmal verdammt hart, verdammt unfair, verdammt kleingehalten und verdammt eingesperrt an.
Frau-Sein.
ist eine Lebensaufgabe. Eine Bestimmung, eine Zukunft, die verdammt viel Mut verlangt, verdammt viel Kraft und Willen und Hoffnung und Träume und Ziele und Energie.
Und dennoch erreichen manche von uns ihre Ziele nie-
Denn sie sitzen immer noch in ihren Kisten,
hineingedrängt von Händen, die denken, dass sie es besser wissen,
ihre Frauen besitzen,
mehr Macht haben und sie deshalb unterdrücken,
liebe Leute- das ist wirklich beschissen.

Gläserne Decken.
Sie wiegen schwer.
Sie beheimaten Räume, Räume so leer.
Sie wollen uns verstecken, uns unseren Himmel verdecken -
Mit Zweifeln, an uns, an dem, was wir sind.
Doch ohne uns ist es still.
Denn diese Welt, sie braucht uns.
Sie braucht Mädchen, die davon träumen gen Himmel zu fliegen, ihr Ziele zu lieben und gegen alle „Das schaffst du eh nicht“ zu siegen.
Sie braucht Frauen, die die Decken zerbrechen,
ihre Wünsche verfolgen- und drüber sprechen.

Manchmal fühlt sich alles so eng an.
Doch was mich treibt, sind meine Flügel.
Mein Wille, ich sein zu dürfen,
mich ins Ungewisse zu stürzen,
mich auszuprobieren, mich zu entfalten,
und Niemand da, um mich abzuhalten.
Es ist eine Lebensaufgabe,
die gläsernen Decken zu sprengen,
raus aus den Zwängen,
auszubrechen
und frei zu sein.

Doch glaubt mir, in uns steckt ein unbändiger Wille,
der uns Flügel wachsen lässt.