Mit „Tintoretto – A Star was Born“ startet das Wallraf den internationalen Reigen von hochkarätigen Ausstellungen zum 500. Geburtstag des Malers Jacopo Tintoretto. In seiner großen Sonderschau widmet sich die Kölner Gemäldegalerie erstmals dem faszinierenden Frühwerk des italienischen Meisters, der zu den produktivsten und einflussreichsten Künstlern aller Zeiten gehört. Zahlreiche kostbare Leihgaben aus den großen Museen der Welt (Amsterdam, Budapest, London, Madrid, Mailand, Rom, Venedig, Washington, Wien u.a.m.) wurden aus diesem Anlass dem Wallraf anvertraut. Die Kölner Jubiläumsschau läuft bis zum 28. Januar 2018 und ist anschließend im ältesten Museum Frankreichs zu Gast, dem Musée du Luxembourg in Paris.

Die Sonderausstellung bietet den Besuchern nicht allein weltberühmte Werke des jungen, malwütigen und von Ideen übersprudelnden Tintoretto, sondern auch brandneue Forschungsergebnisse. So fand Kurator Roland Krischel unter anderem heraus, dass ein großes, ebenso attraktives wie rätselhaftes Gemälde aus der Sammlung der britischen Königin nicht etwa von dem flämischen Maler Lodewijk Toeput stammt, sondern vom jungen Tintoretto. Das Wallraf zeigt das „Liebeslabyrinth“ der Royal Collection erstmals im Dialog mit gleichzeitig entstandenen Meisterwerken des Italieners.

Eine besonders aufregende Neuentdeckung ist die „Fußwaschung“ aus dem Musée de Grenoble – ein bislang unbekanntes, großes und ehrgeiziges Frühwerk Tintorettos. Denn dieses in Köln jetzt ausgestellte Gemälde bildet gleichsam den Probelauf zum Monumentalbild gleichen Themas im Madrider Prado.

Auch dem Porträtisten Tintoretto kann nun ein wichtiges Werk neu zugeschrieben werden: das bislang als Arbeit von Annibale Carracci geltende, atemberaubende „Bildnis eines Mannes“ (Florenz, Palazzo Pitti). Im Wallraf ist zu besichtigen, wie dieses packende Porträt weit über die eigene Epoche vorausweist – auf die skizzenhafte Malerei eines Frans Hals und die Psychologie eines Théodore Géricault.

Überraschend selbst für Spezialisten sind mehrere Gemälde, die man bislang nur aus Abbildungen kannte. Als Leihgaben aus diversen Privatsammlungen zeugen sie im Wallraf nun von der Vielseitigkeit und dem Einfallsreichtum des jungen Tintoretto.


Jacopo kommt in Venedig als Sohn eines Färbers zur Welt - auf ein präzises Geburtsdatum hat sich die Forschung bisher nicht einigen können. Ohne Rücksicht auf sein finanzielles Auskommen und getrieben von unbändigem Ehrgeiz malt er schon als Teenager wie ein Besessener. Ganz Venedig scheint er mit seinen Bildern überziehen zu wollen. So bestückt er die Kirchen, genossenschaftlichen Versammlungshäuser und Paläste der Lagunenstadt mit traumhaften Parallelwelten, bevölkert von Mensch und Tier: riesigen Leinwänden voller Zeichen und Wunder, Ereignisse und Visionen - darunter das kolossale „Paradies“ im Dogenpalast, eines der größten je gemalten Ölbilder.

Schon in seinem Frühwerk zeigt Tintoretto eine unnachahmliche Erzählkunst, die ihm bei Jean-Paul Sartre den Ehrentitel des „ersten Filmregisseurs“ eintrug. Wie kein anderer venezianische Maler reflektiert Tintoretto die Lebenswirklichkeit seiner Heimatstadt. Auf durchaus riskante Weise spiegelt er auch die sozialen und religiösen Spannungen seiner Zeit. So zeugen seine Bilder von Glanz und Elend einer untergehenden Großmacht.

Religiöse, allegorische, erotische Gemälde sowie Porträts des jungen Tintoretto kommen in der Kölner Ausstellung zusammen. Sie begegnen hier eng verwandten Werken seiner künstlerischen Vorbilder und Konkurrenten wie zum Beispiel Jacopo Palma il Vecchio, Andrea Schiavone, Paris Bordone und Francesco Salviati. Ausgewählte Zeichnungen, Druckgraphiken und Skulpturen verdeutlichen den außergewöhnlich weiten Horizont des auf-strebenden Malers. Die brodelnde Kunstszene ‚seines‘ Venedig erwacht auf diese Weise zum Leben.


Einst selbst ein Moderner, wurde Jacopo zum zeitlosen Vorbild für nachfolgende Künstlergenerationen. Davon zeugt jetzt im Wallraf eine gigantische Tintoretto-Hommage des Katalanen Jorge Pombo (*1973).