Meteorologische Betrachtung der Kunstwerke „heiter bis wolkig“

von Franz Molé, Dipl. Meteorologe
Deutscher Wetterdienst, Essen

 

Als Meteorologe bin ich Physiker der Atmosphäre, also eher Naturwissenschaftler, den die Wolkenformen aber immer wieder auch als Kunst am Himmel faszinieren. Wetter und Wolken wurden von den Griechen ursprünglich auch den Meteoren zugeschrieben, also eher als himmlische Schöpfung angesehen, ebenso wie die Kunst.


Nun sind Naturbeobachtungen in Kunstgemälden natürlich nicht notwendigerweise eine lineare Abbildung der Natur. Selbst im Zeitalter des Realismus ist die Landschaft oft als Komposition mit realistischem „Drama in der Luft“ zu verstehen.


Auch im goldenen Zeitalter der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts hat man das Gefühl auf echtes Wetter zu schauen, wobei die Stimmung von Landschaft und Wolken im Vordergrund steht. Aber wie echt sind die Wolken, die sich in der Realität ständig ändern und in einer unendlichen Vielfalt an Formen erscheinen? 


Sicher hatten die Niederländer auch damals Bezeichnungen für diese Wolkenformen. Die Namen, die auch in der Ausstellung verwendet werden, wurden aber erst über 100 Jahre später klassifiziert. 1803 bekamen die verschiedenen Wolkenstrukturen einen Namen in dem Buch „Die Modifikationen von Wolken“.  Die Begriffe, die der Londoner Apotheker und Amateurmeteorologe Luke Howard nach intensivem Studium der Wolken definierte, werden nach wie vor in der ganzen Welt verwendet.


Die meisten dieser Wolkennamen kommen aus dem Lateinischen und sind in der Regel eine Kombination der folgenden Begriffe:


Stratus    / strato   = flach / geschichtet und glatt
Cumulus / cumulo = aufgehäuft / geschwollen, wie Blumenkohl
Cirrus / cirro          = Hoch / dünn / Federwolke
Alto                       = Mittelhoch
Nimbus / Nimbo    = besonderes Ansehen / Regen bringende Wolken


Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hat Luke Howards Klassifizierung der Wolken auf 10 Hauptgruppen erweitert, sogenannte Gattungen. Dazu kommen Arten und Unterarten. Eine Schönwetterwolke nennen wir z.B. „Cumulus humilis“. Schäfchenwolken haben den klangvollen Namen „Altocumulus stratiformis translucidus perlucidus“


Eine ausgewachsene Gewitterwolke, wie sie wahrscheinlich für das Meisterwerk des niederländische Malers Aelbert Cuyp um 1645 „Gewitter über Dordrecht“ Pate stand, bezeichnen Meteorologen als „Cumulonimbus capitllatus incus“.


Nun ändert sich unser Klima zurzeit spürbar. Die Wetterlagen, bei denen die verschiedenen Wolkenformationen abhängig von der Konstellation von Hoch- und Tiefdruckgebieten genauso wie damals auftreten, gibt es – wenn auch in geänderter Häufigkeit und Intensität – aber noch heute.


Die Gewitter in Dordrecht passen beispielsweise sehr gut zur Wetterlage am 29 und 30. Mai: Durch die Annäherung einer Kaltfront von Nordwesten beenden plötzliche Gewitter ein Hitzeintermezzo und zuvor: Die Ruhe vor dem Sturm.

 

Wettervorhersagekarte des Deutschen Wetterdienstes für Montagmittag 29. Mai 2017, 14 MESZ

 

 Aelbert Cuyp, Gewitter über Dordrecht, um 1645

 

An der Form von Wolken und Blitzen bei Dordrecht kann man gut erahnen, dass die Gewitter von links nach rechts ziehen, was auch bei uns typischerweise von Südwest nach Nordost bedeutet. Bei den Windmühlen weht der Wind von den Gewitterwolken kommend, also aus Nordwest und wahrscheinlich kräftig. Bei genauer Betrachtung erkennt man, dass die Büsche weiter im Vordergrund quer dazu geneigt sind, der Wind also stark aus Südwest weht.

Die Ruhe vor dem Sturm wird hier durch Kühe dargestellt, die dem Spektakel in aller Seelenruhe beiwohnen. Dies mutet vielleicht etwas unrealistisch an. Das Gesamtbild aber fasst die meteorologischen Abläufe bei der Wetterlage sehr gut zusammen.