SCHÖNHEIT ALS STIL
Prächtige Farben und höfische Eleganz, grazile Figuren mit lieblichen Gesichtern, kostbare Gewänder in schwungvollen Falten, naturnahe Schilderung von Pflanzen, exotische Details: dies sind einige Hauptmerkmale des sogenannten „Schöner Stils“. Um 1400 prägt er Buch- und Tafelmalerei, Skulptur, Goldschmiede- und Textilkunst in Europa. Zum ersten Mal erfasst eine künstlerische Formensprache das ganze Abendland – die Kunst globalisiert sich.
Wie konnte sich der neue Stil so schnell verbreiten? Ein Grund liegt in der Mobilität: der Künstler, ihrer Auftraggeber und der Kunstwerke selbst. Künstler lernten in ihren Lehr- und Wanderjahren fremde Regionen kennen. Kaufleute reisten um ihrer Geschäfte willen und die Mächtigen aus politischen Gründen. Manche nahmen dabei Kunstwerke mit, etwa religiöse Andachtsbilder oder sogar Tapisserien. Musterbücher der Künstler, mit Architekturzeichnungen oder Darstellungen von Tieren und Pflanzen, konnten ebenso leicht reisen wie handliche Goldschmiedearbeiten.
Zwischen Burgund und Prag, Frankreich, den Niederlanden und Westfalen war die Kölner Malerei in ein internationales Stilgeflecht eingebunden. Kölner Künstler nahmen Ideen auf und beeinflussten ihrerseits fremde Kollegen. Den herausragenden Kölner Maler der Zeit nennen wir – nach einem Gemälde in München (Alte Pinakothek) – Meister der Heiligen Veronika. Sein Schüler und Nachfolger war der Meister von St. Laurenz, der nach einer hier ausgestellten Tafel aus der gleichnamigen Kölner Pfarrkirche benannt ist. Er bildet die Brücke zwischen dem Schönen Stil und Stefan Lochner (siehe Säle 5 und 6).
In einer Hinsicht täuscht der Begriff „Schöner Stil“ übrigens: Die dargestellte Pracht und die verwendeten, äußerst kostbaren Farben (wie Lapislazuli und Blattgold) sind kein schöner Selbstzweck, sondern Teil der religiösen Bildaussage: Die Kostbarkeit des Materials verkörpert die Kostbarkeit der gemalten Botschaft.