PAULUS ALLEIN IN DER WÜSTE
Jusepe de Ribera
St. Paulus, der Eremit, 1647
Wer sich einen Ribera leisten konnte, dürfte in üppigen Verhältnissen gelebt haben. Die Umgebung dieses Bildes stand seinerzeit wahrscheinlich in großem Kontrast zur Askese des hier verehrten Heiligen. Der Totenschädel, den der Eremit in seinen abgezehrten Armen hält, erinnerte den Käufer zugleich an die Vergänglichkeit seines irdischen Wohlstands.
Seit den 1630er-Jahren stellte Ribera den heiligen Paulus verschiedentlich dar. Er wird als erster christlicher Einsiedler verehrt. Seine Kleidung besteht aus einem aus Palmstroh geflochtenen Schurz. Links auf einem Tisch liegen ein Buch als Zeichen seiner geistlichen Übungen und ein Kanten trockenen Brots, der auf seine Enthaltsamkeit hinweist.
Das hell von links oben einfallende Schlaglicht fällt konzentriert auf die Figur des Heiligen und hebt sie von dem tiefen Dunkel des Hintergrunds ab. Das versonnen zum Licht gewandte Gesicht zeugt ebenso von seiner inneren Kontemplation wie die ruhige, geschlossene Körperhaltung. Die Doppelfunktion dieser Lichtquelle wird deutlich: Sie dient nicht nur in ihrem physikalischen Charakter der Beleuchtung des Heiligen, sondern hat auf einer transzendentalen Ebene gleichzeitig die Aufgabe, ihn zu erleuchten. Jedes Detail des Bildes führt auf seinen eigentlichen Zweck zurück: die Erzeugung von Andacht im Betrachter durch das vorbildhafte Beispiel des heiligen Eremiten.
Jusepe de Ribera
Játiva/Valencia 1591 – 1652 Neapel
St. Paulus, der Eremit
um 1647, Öl auf Leinwand, 130 x 103,5 cm
Erworben 1936 mit der Sammlung Carstanjen
Inv. Nr. WRM 2553
Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln